Boris Pasternak, der russische Nobelpreisträger

Boris Pasternak wurde am 10. Februar 1890 als Sohn einer russisch-jüdischen Künstlerfamilie in Moskau geboren. Sein Vater Leonid Pasternak war ein gefeierter Künstler, der später zum Christentum konvertierte, seine Mutter Rosa Kaufman eine renommierte Konzertpianistin. Die Familie führte ein offenes Haus, in dem Freunde der Familie wie etwa die Komponisten Sergej Rachmaninoff und Alexander Scrjabin oder die Poeten Rainer-Maria Rilke und Leo Tolstoi verkehrten. Die glückliche Kindheit Pasternaks war geprägt von den Einflüssen der prominenten Intellektuellen und der kosmopolitischen Atmosphäre. Nach einem Musikstudium an der Moskauer Universität und einem Studium der Philosophie an der deutschen Universität Marburg in Hessen kehrte er 1914 nach Moskau zurück und veröffentlichte seine erste Gedichtesammlung. Während des ersten Weltkrieges arbeitete Pasternak in einer chemischen Fabrik im Ural, die später als Hintergrundmaterial für seinen Roman “Doktor Schiwago” diente.

1917 verliebte er sich in ein jüdisches Mädchen und schrieb “Meine Schwester, das Leben”, eine Sammlung von leidenschaftlichen Gedichten, die ihm internationale Anerkennung einbrachte und großen Einfluss auf die russische symbolistische und futuristische Poesie hatte. Pasternak war ein zurückhaltender Unterstützer der russischen Revolution, war aber von der Brutalität der Kommunisten schockiert. Seine Eltern und Schwestern emigrierten 1921 nach Europa. Die stalinistischen Säuberungen in den 1930er Jahren desillusionierten Pasternak und lieferten ihn schweren politischen Angriffen aus. Sein Schaffen reduzierte sich auf Übersetzungen klassischer Werke wie Shakespeares “Hamlet” und “König Lear” und der Werke von Rilke, Verlaine und weiterer westlicher Dichter. Die Wertschätzung Josef Stalins für die von Pasternak übersetzten georgischen Dichter rettete ihm wahrscheinlich das Leben.

Von 1940 bis 1950 verfasste Pasternak seinen autobiografischen Roman “Doktor Schiwago”. Die weibliche Hauptfigur Lara formte Pasternak nach dem Vorbild seiner damaligen Muse, der attraktiven und liebenswerten Russin Olga Iwinskaja. Sie wurde, schwanger von Pasternak, vom KGB verhaftet und unter falschen Spionageanschuldigungen zu vier Jahren im Straflager verurteilt. Als sie ihr ungeborenes Kind verlor, erlitt Pasternak eine Herzinfarkt. Olga Iwinskaja wurde nach dem Tod Stalins freigelassen und wieder mit Pasternak vereint, der “Doktor Schiwago” vollendete. Der Roman durfte in der Sowjetunion jedoch nicht veröffentlicht werden und wurde in den Westen geschmuggelt und in Italien 1957 erstveröffentlicht.

1958 erhielt Pasternak den Literaturnobelpreis, den er jedoch unter dem Druck der Sowjetbehörden nicht annahm. 1960 schließlich starb er an Magenblutungen und einem Herzinfarkt. 1987 wurde Pasternak offiziell rehabilitiert, “Doktor Schiwago” 1988 erstmals in Russland veröffentlicht. In einer symbolischen Zeremonie nahm sein Sohn 1989 den Nobelpreis seines Vaters in Stockholm entgegen.